Ich erzähl dir mein Essen…


Ajvar – Gemüsekaviar vom Balkan

Mit Ajvar sieht's gleich besser aus |pastasciutta.de

Angenommen, ich könnte überhaupt nicht kochen, zwei linke Hände am Herd, zu dumm, um eine Suppe umzurühren. – Einfach, weil ich keine Lust dazu hätte. Oder ich hätte meine Brille verlegt und könnte keine Rezepte mehr lesen. Vielleicht wäre mir auch grundsätzlich der Appetit vergangen. Das kann alles mal vorkommen, irgendwann vielleicht. – In diesem Fall könnte ich wohl nicht kochen. Also, nehmen wir einfach mal an, ich würde mich jeden Mittag mit einem Bauch voll Hunger rumquälen und mir fiele absolut nichts Leckeres ein, was ich schnell zubereiten könnte. – Und dann? Ich meine, einfach nur etwas essen, was überhaupt nicht schmeckt? Da hat man doch gleich wieder schlechte Laune. Kommt also gar nicht in Frage!

Universallösung mit wenig Aufwand

Für den unwahrscheinlichen Fall also, dass mir das Kochen irgendwann mal so auf den Keks geht, dass ich nichts Genießbares mehr zustande bringe, hätte ich wahrscheinlich eine Lösung parat. Ich würde mir ganz einfach zwei oder drei leckere, kalte Saucen in den Kühlschrank stellen, mit denen so gut wie alles geht. Mayonnaise oder eine Abwandlung davon, Chutney, Ketchup, Senf und Ajvar. (Bis auf den Senf würde ich alles selber herstellen, weil ich finde, dass man schon verdammt guten Senf kaufen kann.) Wichtig ist, dass alle Saucen den perfekten Geschmack haben! Nur dann macht es Spaß, sie immer und überall einzusetzen. Und dann kann gar nichts mehr schiefgehen. Butterbrot, Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, gekochtes oder gegrilltes Gemüse, kurzgebratenes Fleisch, gekochtes Fleisch, Nudeln… Beinahe alles, was sich schnell und ohne Aufwand auf den Tisch bringen lässt, wird mit einer leckeren Sauce zu einer wunderbaren Mahlzeit.

Balkanketchup für alle Lebenslagen

Seit ich einen eigenen Kühlschrank besitze, steht darin fast immer ein Glas Ajvar. Auch wenn ich zu Anfang gar nicht wusste, was es damit auf sich hat. Die rote Gemüsesauce ist nämlich auf dem Balkan ein omnipräsenter Dauerbrenner, wie Ketchup in Amerika. Doch für mich war Ajvar zu Anfang etwas rein Türkisches. Was vermutlich daran lag, dass ich die ersten Gläser in türkischen Lebensmittelgeschäften kaufte. In Wahrheit haben die unterschiedlichen Landesküchen auf dem Balkan und ringsum vieles gemeinsam.Und so war mir eben vor 30 Jahren noch nicht klar, dass es sich um die Balkansauce schlechthin handelt.

Nahezu jedes Essen wird mit Ajvar besser. Zumindest gegrilltes Fleisch oder gebratenes Gemüse profitieren ganz enorm von der osteuropäischen Paprikapampe. Es ist also kaum zu glauben, dass ich mich erst jetzt daran gemacht habe, mein Ajvar selber zu kochen.

Gegrilltes Fleisch, Kartoffeln, Salat mit Ajvar | pastasciutta.de

Es muss nicht immer Fischrogen sein*

Dabei deutet sogar der Name Ajvar eine Nähe zur Türkischen Küche an, denn es ist mit dem türkischen Wort havjar verwandt, was so viel wie Kaviar bedeutet, also Fischrogen. Was verbirgt sich dahinter? Vor dem 20. Jh. soll es an der Donau eine beachtliche Kaviarproduktion gegeben haben. Die Störe aus dem Schwarzen Meer schwammen damals den Fluss hinauf, und so wurde Kaviar eine berühmte Spezialität in den Restaurants von Belgrad. Als die Produktion irgendwann nachließ, rückte der vegetarische Kaviar in der Vordergrund. Die schlauen Serben halfen sich einfach mit Paprika, Auberginen, Zwiebeln und Knoblauch. – Ob diese Geschichte stimmt? (frag Wiki)

Jedenfalls wächst das leckere Gemüse, das für die rote Sauce benötigt wird, überall auf dem Balkan, wo es nicht zu kalt ist. Und wer einen Garten besitzt, der macht sein Ajvar auch heute noch selbst. Dann sitzt man im Spätsommer beisammen, röstet Paprika auf dem offenen Feuer und lässt sie in einem schweren Kessel stundenlang zu einer dicken Sauce einkochen.

Das Mus, das ich im Supermarkt kaufe, ist sicherlich unter weniger gemütlichen Umständen ins Glas gekommen und es ist auch nicht wirklich dick eingekocht, – was für meinen Geschmack durchaus von Vorteil ist. Ganz persönlich stehe ich nicht so sehr auf Sachen, die sehr lange gekocht wurden. Deshalb lasse ich das Ajvar ganz bewusst nur 20 Minuten auf dem Herd. Etwas typischer ist es sicherlich nach einer langen Kochzeit. Für mein Rezept verwende ich getrocknete Chiliflocken, weil ich nur so die Schärfe nach meinem Geschmack dosieren kann. Wer einen stabilen Magen hat und etwas abenteuerlich angehaucht ist, kann natürlich auch frische Chilis nehmen.

Geröstete Paprika | pastasciutta.de

Ajvar – Balkan-Kaviar, Paprikasauce


Zutaten:

1200 g rote Paprika

1 große Aubergine

1 Zwiebel

3 Knoblauchzehen

1 TL Salz

50 ml Olivenöl

5 El Zitronensaft

Chiliflocken

Paprika waschen und in Stücke schneiden. Das Kerngehäuse und den Stielansatz entfernen. Mit der Hautseite nach oben unter den Grill legen, bis die Schale schwarz geworden ist. Die Paprikastücke in einer Schüssel mit Deckel kurz schwitzen lassen, dann die verbrannte Schale abziehen und nur das Fruchtfleisch weiter verwerten. 

Den Backofen auf 200°C vorheizen. Die Aubergine, Zwiebel und Knoblauch zusammen in Alufolie wickeln und 30-40 Minuten im Ofen garen. Das weiche Fruchtfleisch aus der Schale löffeln, die Zwiebel pellen und die Knoblauchzehen aus der Schale drücken. Alles etwas abkühlen lassen und mit den Paprika zusammen in den Standmixer geben. Jede andere Küchenmaschine funktioniert aber vermutlich genauso gut. Alles gut durchmixen und in einen großen Topf umfüllen. Mit Salz, Olivenöl, Zitronensaft und Chili etwa 20 Minuten sanft köcheln lassen. Dabei immer wieder gut umrühren, weil die Sauce zum Ansetzen neigt. Eventuell nachsalzen oder mehr Zitronesaft hinzufügen. 

Nach Geschmack kann die Kochzeit auch deutlich verlängert werden. Die Sauce wird dadurch etwas haltbarer, weil sie weniger Wasser enthält. In diesem Fall sollte aber das Salz zu Anfang sparsam eingesetzt werden.

Kochendheiss in sterilisierte Gläser füllen und sofort verschließen.

*Ja, Literaturanspielung gut erkannt!

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