Ich erzähl dir mein Essen…


Supperclub Summit London 2012, Teil II

Heiß und heißer

Click here to read this in English

Zwei Tage kochen wir in London. Zwei Tage brennt die Sonne wie verrückt.

Es ist Freitag und wir müssen an diesem Tag alles vorbereiten. Wir gehen die Einkaufslisten nochmal durch und stimmen uns ab. Ruth, die in London lebt, hat bereits Bestellungen aufgegeben und ich nehme an der Tür des Goethe Instituts eine Lieferung mit wunderbar frischem Schellfisch von allerbester Qualität entgegen. Dann heißt es, stark sein und die Nerven bewahren, wir entern einen großen englischen Supermarkt. Ein englischer Supermarkt! Für mich der erste seit zwanzig Jahren! 

Für sowas würde ich normalerweise einen halben Tag einplanen. Jetzt kaufen wir hier, so schnell es eben geht, das Abendessen für 50 bis 60 Personen ein. Was die hier alles haben! Statt Sahne wie wir sie von zu Hause kennen, schlagen wir bei Double Cream mit 50 % Fett zu. Was soll jetzt noch schiefgehen?  Vor dem Supermarkt warten Taxis, denn das ist hier so üblich. Der Fahrer hilft uns, den Wagen mit Mehltüten, Frühlingszwiebeln und Ginflaschen zu beladen. Nach kurzer Fahrt durch den Londoner Stadtverkehr laden wir das Zeug in der Exhibition Road wieder aus.

Und dann wird es langsam ernst. Ruth, Markus, Marco, Torsten und ich müssen uns in der Küche zurechtfinden. Jeder braucht Platz zum Arbeiten und sucht nach Schneebesen, Töpfen, Schüsseln oder  Schneidebrettern. In dieser provisorischen Küche ist alles vorhanden, was man braucht und es funktioniert auch sensationell gut. Der Backofen wird geradezu explosionsartig heiß, das Wasser kommt mit fast 90° C aus der Leitung, die Induktionsplatten bringen meine Buttersauce schön langsam auf Touren, können genauso aber auch eine Pfanne voll Fett zum Glühen bringen.  – Glücklicherweise vermeiden wir letzteres, denn Florian hatte uns ausdrücklich davor gewarnt, den Feueralarm auszulösen.

Die wenigen Stunden, bevor die ersten Gäste erscheinen, nutzen wir zum Backen, Abkühlen und Stocken lassen. Wir marinieren, garen auf niedriger Temperatur, räuchern und bereiten alles vor, was man vorbereiten kann.

Schließlich treffen kurz hintereinander die Gäste ein. Torsten, unsere Geheimwaffe mit dem Korkenzieher, schenkt seinen selbst importierten Stoff aus. – Deutscher Wein, glasweise, passend zu jedem Gang unseres Menüs! Allein dafür hätte ich den Abend im Goethe Institut schon gebucht. Aber ich bin ja zum Kochen hier. Von Anfang an macht sich angenehme Stimmung im Saal bemerkbar. – Die Leute haben eindeutig gute Laune!

Wir treten kurz vor unsere Gäste, Ruth sagt ein paar Worte zur Begrüßung und dann verschwinden wir wieder in die Küche. Die ersten Teller mit Appetithäppchen können schon raus. Ruth hat selber Landjäger hergestellt und sie sind richtig gut gelungen. Kaum zu glauben, dass sie noch nie vorher welche gegessen hat. Danach lässt das Tempo nicht mehr nach. Wir tragen volle Teller raus und holen leere Teller zurück. Immer wieder plaudern wir zwischendurch mit unseren unwahrscheinlich sympathischen Gästen. Mein persönlicher Star des Abends ist die freundliche Hilfskraft, die ohne Unterbrechung unsere Teller spült. – danke, puh!

Im Hintergrund wirkt Ed Smith, der im Gegensatz zu uns ein Profi ist. Er hatte uns zu Beginn des Abends geraten, einen strikten Zeitplan einzuhalten. Also schreiben wir Uhrzeiten an unser Menü und halten uns tatsächlich daran. Die Gäste sitzen nie lange vor leeren Tellern und ein Gang folgt ziemlich schnell auf den anderen. Das Tempo spüre ich am Ende in meinen alten Knochen und vor allem in meinen Füßen. – Macht gar nichts, denn ich fand unseren ersten Abend beim Supperclub Summit super. Mir hat es Spaß gemacht und unsere Gäste machen einen glücklichen Eindruck.

Zwei von ihnen sind Freunde aus Deutschland, die extra zu meiner Unterstützung nach London gereist sind. Damit bin ich auf der sicheren Seite, weil ich weiß, dass sie niemals über mein Essen meckern würden. Mit ihnen teile ich mir das hübsche Appartement in Kensington und auf der nächtlichen Fahrt in unser Quartier genieße ich ihre freundschaftliche Voreingenommenheit. Natürlich fanden sie alles super und natürlich war der Gang, den ich gekocht habe, der beste überhaupt und selbstverständlich macht es ihnen gar nichts aus, am nächsten Tag noch einmal dasselbe zu essen… Danke, Ihr Lieben, Ihr seid die besten Freunde, die man sich wünschen kann!

Beim nächsten Mal erzähle ich dann, wie es weiter ging. Dann steigen die Temperaturen gewaltig, es geht um unser Menü und ich verrate auch das Rezept für meinen Fischteller Finkenwerder Art.

Hier geht’s weiter: London, Supper Club Summit, Teil III

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner