Ich erzähl dir mein Essen…


Gutelaunefutter und Leas Mehlknödel


Blog-Event LII - Soulfood - Futter für die Seele (Einsendeschluss 15. Januar 2010)

Früher hatte ich genau zwei Standardgerichte als Seelentröster. Spaghetti mit Tomaten-Sahnesoße und riesigen Bergen von geriebenem Emmentaler gab es immer, wenn ich nach einem Heimatwochenende an meinen unwirtlichen Studienort zurückgekehrt war. Das Essen musste unmittelbar nach meiner Ankunft zubereitet werden, meist lag das Gepäck noch im Flur herum, und es mussten wirklich unfassbare Mengen von Käse auf den vollen Teller getürmt werden. – Eine schöne Erinnerung, aber heute für mich unfassbar, wie man sowas essen kann. Viel zu große Portionen und viel zu viel fettes Zeug, selbst für mich.

Das zweite Standardessen für harte Zeiten bestand in Reibekuchen mit Schwarzbrot, Lachs, frischem Dill und Creme fraiche. Notfalls auch mal nur Reibekuchen ohne alles. Wenn ich klug war, dann hatte ich vorgesorgt und es fand sich irgendwo auch noch ein kühles Kölsch. – Reibekuchen sind immer noch ein Knüller für mich, aber aus organisatorischen Gründen viel leichter verfügbar als damals.

Heute liegen die Dinge nicht mehr so wie damals und die Seele braucht ganz andere Arten von Trost. Deswegen gibt es hier sehr unterschiedliches Soulfood, aber kein ungewöhnliches. Es handelt sich um die ganz normalen Gutelaunemacher wie Pasta, Kartoffelpüree, Kartoffelgratin, Pommes frites mit Mayo, Kuchen, Eis… Geballte Kohlenhydrate mit reichlich Fett, so wie man es von einem ordentlichen Seelentröster erwarten kann. Bloß nix Knackiges, Frisches oder Saures! Im Grunde kann ich aber von keinem Gericht mehr sagen, dass es mein universelles Heilmittel gegen Seelenqualen wäre. Schließlich sind alle guten Sachen Pastasciutta, äh Soulfood.

Lea Linster hat in ihrem wunderbaren Kochbuch “Einfach und genial” eigens ein Kapitel dem Soulfood gewidmet. Für meinen Geschmack sind praktisch alle Gerichte in diesem Buch reinstes Soulfood. Es enthält nur gute Rezepte von Speisen, die ich ständig essen könnte. Aber unter den Begriff Soulfood subsumiert die studierte Juristin wieder die üblichen Verdächtigen: Pasta, Kartoffelpüree, Risotto, Pommes frites, Mayonnaise… Nur eine Sache befindet sich darunter, die habe ich in dieser Art noch nie gegessen: Mehlklösschen. Bei der Luxemburgerin heißen sie “Meine Mehlknödel” Aus Norddeutschland kenne ich die Sitte, Mehlklösschen in Bouillon ziehen zu lassen. Dort kann man sie auch tiefgekühlt kaufen. Die weißen Kügelchen hauen mich nicht gerade vom Hocker.

Doch Lea Linster schwört auf die erhellende Wirkung dieser Speise. Deswegen schmettern wir ihr ein freundliches Moien entgegen und lassen uns darauf ein.

In einer Schüssel verrührt die Starköchin

500 g Mehl

6 Eier

200 ml Milch

mit 1 Scheibe Weißbrot, das in 100 ml Milch eingeweicht wurde

etwas Salz

20 g zerlassene Butter

1 El Sauerrahm.

Daraus entsteht ein “halb fester” Teig, von dem mit zwei Löffeln Nocken abgestochen werden, die man in siedendes Wasser gleiten lässt. Kurz warten, bis die Nocken nach oben schwimmen und eventuell dabei etwas nachhelfen. Danach sollen die Mehlklösschen noch zwei bis drei Minuten ziehen. Die fertigen Klösschen abschöpfen und kurz abtropfen lassen.

Und jetzt kommt der eigentliche Clou, die Wendung, die das Essen für mich so ungewöhnlich macht: Die Mehlklösschen sollen mit einem Stich kalter Butter und ein paar Spritzern Maggi serviert werden. Ich habe nichts gegen Maggi, bin aber nicht wirklich daran gewöhnt, unter anderem, weil ich in einem maggifreien Haushalt aufgewachsen bin. Seit einiger Zeit mag ich es an manchen Salatsaucen. Daher kommt es vielleicht zweimal pro Jahr zum Einsatz. Abgesehen davon fällt mir keine weitere Verwendungsmöglichkeit ein.

Nun ja, bis auf die Mehlklösschen, also. Diese Dinger haben mich überrascht, mitsamt ihren Maggispritzern. Vielleicht lag es auch an meiner neuen Lieblingsbutter, der Andechser Bio Almbutter. Die ist sowas wie “mein Maggi”, denn damit schmeckt einfach alles. Falls Klösschen übrig bleiben, kann man sie am nächsten Tag in Butter braten, rät Lea Linster. – Das glaube ich unbesehen!

Mein liebstes Soulfood bleibt weiterhin Pastasciutta. Trotzdem ist dieses ganz einfache Essen eine angenehme Überraschung und erstaunlich lecker.


6 Antworten zu “Gutelaunefutter und Leas Mehlknödel”

  1. Bis auf das braune Fläschchen hab ich auch alles daheim, ich könnte das ja mit Sojasauce abwandeln 😉
    Klingt auf jeden Fall sehr lecker und besonders angebraten find ich das richtig spannend!
    Vielen Dank für Deinen Beitrag :o)

  2. Anbraten war tatsächlich ne gute Idee, schön mit Zwiebeln und am Schluss noch ein Scheibchen Käse in die Pfanne :o) Leider hat sich das Essen wieder so schnell bewegt, dass ich es nicht fotografieren konnte. Sojasoße finde ich dazu irgendwie nicht passend. Da würde ich eher auf Salz, Pfeffer + Muskat ausweichen und voll auf das Butteraroma setzen.

  3. Diese Klößchen sehen echt zum Anbeißen aus! Ich könnte sie mir auch sehr gut mit etwas zerlaufenem Speck vorstellen.
    Oder kurz in Chiliöl angemacht und mit gerösteten Pinienkernen serviert. Da bekomme ich direkt Hunger.

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