Sweet Donostia Memories: Das Zwiebelfischomelette
Genau genommen kann hier von Zwiebelfisch gar keine Rede sein, denn der Fisch, der sich auf dem Teller in einer Tortilla versteckt, heißt mit bürgerlichem Namen Kabeljau. Im Baskenland spielt diese Tortilla eine tragende Rolle beim Txotx, dem rituellen Mahl in der Sidreria. Traditionell wird die Tortilla de Bacalao mit Stockfisch hergestellt, also mit bacalao en salazón, Kabeljau, der zuvor gesalzen und getrocknet wurde. Das mag für die Basken eine tolle Sache sein, da sie Stockfisch in unglaublicher Qualität und Menge zur Verfügung haben. Doch hier, im Binnenland, bin ich darauf angewiesen, was mir fahrende Holländer am Freitag zum Wochenmarkt mitbringen. Und so komme ich halt leichter an frischen Kabeljau als an getrockneten.
Für den Geschmack spielt das kaum eine Rolle, denn ich habe dieses Gericht so nachgebaut, wie ich es in Erinnerung habe und ich bin mehr als zufrieden damit. Dabei spielen vor allem die Zwiebeln eine große Rolle. Verhältnismäßig viele Zwiebelwürfel, unendlich langsam in Olivenöl gebraten, bis sie ganz süß und aromatisch sind, harmonieren so perfekt mit dem Fisch, dass man im ersten Moment ganz stutzig wird. Ist das Fisch?
Die Tortilla de Bacalao hat mir so gut geschmeckt, dass ich sie seit meinem Besuch in San Sebastián schon zweimal aus der Pfanne gehoben habe. Dabei kommt mir dann jedes Mal das Wort Zwiebelfisch in den Sinn, weil es irgendwie nahe liegt, und ich grübele über die Bedeutung nach.
Im Zusammenhang mit dem Schriftsatz war mir, als alter Zeitungstante, das Wort schon öfter begegnet. Aber, um ganz ehrlich zu sein, die Bedeutung wusste ich nicht mehr. Als ich damals lernte, wie man eine Zeitung zusammenbaut, hatten wir Computer für den Fotosatz, die fast so groß wie mein Auto waren. Aus den Belichtungsapparaten zogen wir Textfahnen, die auf der Rückseite gewachst und auf dem Leuchttisch geschnitten wurden. Wenn alles gut ging, dann passten die Bögen zusammen mit den Anzeigen in die vorgeplanten Seiten. Wenn es weniger gut lief, dann passte alles nicht, und wir durften unsere Texte noch mit dem Skalpell ändern. – Ja, liebe Kinder, so haben wir früher mal Zeitung gemacht! Allerdings gehörte der klassische Schriftsatz damals noch nicht so ganz der Vergangenheit an. Bei anderen Blättern war es zum Teil noch üblich, Zeitungsseiten mit Setzmaschinen zu setzen. Geriet dann gelegentlich mal ein Buchstabe in einer anderen Schrift in einen Text, dann nannten die Schriftsetzer das Zwiebelfisch. Das entsprechende Vorbild in der Fauna galt wohl in früheren Zeiten als minderwertiger Speisefisch.
Tortilla de Bacalao
Für 1 Person
ca. 200 g Zwiebeln
reichlich Olivenöl
Salz
1 Knoblauchzehe
ca. 150 g Kabeljau
2 Eier
1 Tl. Butter
Pfeffer
evtl. Piment d’Espelette (passt eigentlich ganz gut, aber ich mag es nicht besonders gerne)
Die Zwiebeln in mittelgroße Würfel schneiden und mit etwas Salz ganz langsam in Olivenöl braten. Die Zwiebelwürfel sollen gleichmäßig einen goldenen Farbton annehmen. Zum Schluss, kurz bevor die Zwiebeln fertig sind, noch eine Knoblauchzehe in Scheiben schneiden und mitbraten. Danach werden Zwiebeln und Knoblauch aus der Pfanne genommen und am besten in einem feinen Haarsieb zum Abropfen über eine Schüssel gehängt.
In dem abgetropften Öl den Fisch bei mittlerer Temperatur anbraten. Sobald sich der Kabeljau mit einer Gabel auseinanderdrücken lässt, ist er gar.
Den Fisch aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen.
Die Eier aufschlagen und mit Salz, Pfeffer, evtl. Piment d’Espelette sowie etwas Wasser verquirlen. Den Fisch und die Zwiebel-Knoblauchmischung hineinrühren und den Fisch dabei gleichmäßig mit einer Gabel auseinanderdrücken.
In einer etwas kleineren Pfanne die Butter zerlassen und die Masse hinein geben. Sobald die Tortilla am Rand fest wird, die Pfanne bei 180°C Umluft in den Backofen geben. Nach ein paar Minuten sollte die Tortilla auch an der Oberfläche fest sein.