Erleichterte Ausprache für ein altes Rezept
Lasst uns das Glas erheben! Der ehrwürdige Foodblog kochtopf.me feiert seinen 20. Geburtstag. Die liebe Zorra ruft zu einem schön altmodischen Blogevent auf, und wir mögen bitte alte Rezepte aus den Hinterzimmern userer Blogs befreien. Nach liebevoller Behandlung präsentieren wir die alten Schätzchen zum Jubiläum. – Na, dann mal los! Ein alter Blogbeitrag kam mir in den Sinn, der sehr schön zum Thema passt. Durch bloßes Weglassen einer einzigen Komponente verwandelt sich das Rezept von damals in etwas völlig anderes!
20 Jahre kochtopf – Blog-Event CCXI – #neuaufgelegt
Als erstes gratuliere ich aber der Jubilarin Zorra von Herzen! Meine ultimative Lobhudelei schrieb ich schon vor 11 Jahren, und sie gilt natürlich noch immer. Damals präsentierte ich kleine Törtchen mit Kirschen, Gewürzen und einem Guss aus Schweizer Kirschlikör, dem Bündner Röteli. Die Chüechli fand ich ganz lecker und irgendwie niedlich. – Jetzt stellt natürlich die Frage, wie kann man sowas noch verbessern?
Nun, ich würde sagen, wir sind ja inzwischen alle ein bissen älter erwachsener geworden. Die Welt wird jeden Tag herausfordernder und man beschränkt sich eher auf das Wesentliche. Die Zorra hat ihre Heimat schon vor so langer Zeit verlassen, dass ich gar nicht weiß, wie es inzwischen um ihr Schweizerdeutsch bestellt ist. Und für uns Deutsche ist so ein Wort wie Chüechli ohnehin kaum auszusprechen. Machen wir es also kurz und lassen den schwierigen Teil weg. Wir verbessern die Röteli Chüechli, indem wir den Kuchen weglassen und uns gleich dem Röteli zuwenden. So einfach geht das.
Die Idee, einen eigenen Röteli anzusetzen, kam mir ehrlich gesagt recht spät. Ich bin auch gar nicht sicher, ob das wirklich nötig ist. Gelegentlich mache ich ja Ferien in Graubünden, und dort ist der aromatische Likör praktisch in jedem Dorfsupermarkt erhältlich.
Wenn man danach sucht, findet man ein paar Rötelirezepte im Internet, die zum Teil recht unterschiedlich sind. Grundsätzlich ist die Sache aber sehr einfach, weil es sich um einen Aufgesetzten handelt. Man braucht dazu hochprozentigen Schnaps, getrocknete Kirschen und ein paar Gewürze. Wer sich fragt, wie lange Kirschen wohl brauchen, bis sie getrocknet sind, das kann ich auch nicht sagen. Dörrkirschen (getrocknete Sauerkirschen) gibt es überall in Drogeriemärkten zu kaufen. Da beißt sich jetzt die Katze ein wenig in den Schwanz. Man könnte fragen, warum nicht derjenige, der die Kirschen trocknet, sie auch gleich in den Schnaps wirft. Aber vielleicht hat derjenige gerade keinen Zimt und keine Vanille zur Hand. Diese beiden Gwürze tauchen in praktisch jedem Rötelirezept auf und scheinen daher wichtig zu sein.
Rezept: Bündner Röteli
Erster Schritt: Reinlegen und Schütteln
Nach Anregung aus: Das Kochbuch aus Graubünden, Maggie Poltera, Münster 1979
0,75 l hochprozentigen Branntwein (hier Rum, 54% Vol.)
100 g Dörrkirschen (getrocknete Sauerkirschen)
abgezogene Schale einer halben Zitrone
1 Stange Zimt
1 Stange Vanille
Den Schnaps am besten in eine Flasche oder ein Glas mit weiter Öffnung umfüllen, so dass die Flasche nicht ganz voll ist. Die Dörrkirschen und die Zitronenschalen in den Schnaps geben. Die Zimtstange ein paarmal durchbrechen und dazugeben. Das Mark aus der Vanillestange kratzen und ebenso wie die ausgekratzte Stange in den Schnaps geben. Die Flasche vorsichtig ein bsschen schütteln und danach in einen Schrank stellen. Dort kann sie jetzt für zwei bis drei Wochen stehen, während der Schnaps seine Arbeit macht. Gelegentlich kann man im durch vorsichtiges Schütteln wieder ein wenig dabei helfen.
Zweiter Schritt, es wird süß!
500 ml Wasser
150 g Zucker
Außerdem:
Haarsieb
Karaffe, Kanne oder Topf, um den Likör abzuseihen und zu mischen
Trichter
Hübsche kleine oder mittelgroße Flaschen, um den Likör abzufüllen
Wenn die Aromen gut durchgezogen sind, ist es an der Zeit einen Zuckersirup zu kochen. Also das Wasser mit dem Zucker zum Kochen bringen und kochen lassen, bis der Zucker sich aufgelöst hat. Den fertigen Sirup vollständig abkühlen lassen.
An dieser Stelle entscheidet sich, wie süß das Ganze hinterher wird und auch, wie hoch der prozentuale Alkoholanteil wird. Die meisten Rezepte, die ich im Internet fand, gehen von dem selben Mischungsverhältnis aus, nämlich 1 Liter Schnaps/ 500 ml Wasser/ 150 ml Zucker. Da aber überall unterschiedliche Spirituosen verwendet werden, teilweise ohne Angabe des Alkoholgehalts, lässt sich das Ergebnis bei diesen Rezepten nur vage schätzen. Das Rezept, das mir als Vorlage diente, gibt das gleiche relative Mengenverhältnis an, jedoch mit der Vorgabe, Branntwein 50-60% Vol. zu verwenden. In diesem Fall dürften wohl so knapp 30% Vol. am Ende rauskommen.
Den Schnaps durch ein Haarsieb schütten und mit dem abgekühlten Sirup vermischen. Anschließend in hübsche Flaschen füllen.
Röteli schmeckt pur oder auch auf einem Vanilleeis. Ganz besonders empfiehlt es sich aber, leckere kleine Röteli Chüechli damit zu backen. – Proscht!