Allen Lesern wünsche ich ein glückliches und frohes 2018!
Das Gemüse aus Knollendorf
(Werbung, unbeauftragt) Mal wieder ist es ein Kochtopf-Event, das diesen Blog aus dem Winterschlaf weckt. – Vielen Dank, liebe Zorra! 😊 Das Jahr hat mit ungewohnt hohem Tempo angefangen und die Deadline zu einem Blog-Event ist eine gute Anregung, um bei all dem Kram, um den man sich sonst so kümmern muss, das Bloggen nicht ganz zu vergessen.
In diesem Fall ist es auch noch so, dass ich wirklich ein ganz besonderes Gemüse ausgegraben habe. Und ich weise ganz ausdrücklich darauf hin, dass das mit dem Ausgraben nicht wörtlich zu nehmen ist! Zur Erklärung springen wir einfach mal ein paar Wochen zurück. Da hatte ich meine erste leibhaftige Begegnung mit der Zuckerrübe. Wie auch die anderen Blogger, die an diesem Abend in Bad Godesberg anwesend waren, war ich schlicht aus dem Häuschen, weil ich endlich eine richtige Zuckerrübe probieren konnte! Das wollte ich schon lange, aber das ist eben nicht so einfach, weil man Zuckerrüben nicht im Geschäft kaufen kann.
Die Rübe wurde roh serviert und wir überlegten natürlich, was sonst noch alles damit möglich wäre. Was im rohen Zustand so lecker schmeckt, das müsste sich doch auch wunderbar zubereiten lassen…!?
Warum gibt es keine Rezepte für Zuckerrüben?
Wie schon damals erzählt, gehört die Knolle, wie sie hier heißt, im Umland von Köln und im Vorgebirge zur Landschaft und zur Kultur. Wer hier lebt, der ist an den Anblick von riesigen Knollentürmen am Straßenrand gewöhnt wie an die Rübentrecker, die den ganzen Herbst, bis in den Winter hinein, vollbeladen zur Zuckerfabrik fahren. Nicht ohne Grund spielen die Geschichten des Kölner Hänneschen Theaters in Knollendorf. – Knollendorf, das ist für die Kölner die Welt außerhalb der Stadtmauern, also draußen auf dem Land, wo die Knollebuure leben. Die Knolle, die in unserem rheinischen Lehmboden so fabelhaft wächst und die so voller Nährstoffe steckt, ist ein Symbol für meine Heimat, ungefähr so wie die Klütte.
Schon bei dem Rübenkrautabend haben wir kurz überlegt, warum es eigentlich keine Rezepte für die Zuckerrübe gibt. Und warum gibt es Zuckerrüben nicht im Geschäft zu kaufen? Eigentlich hatte ich vor, da mal ganz tief in die Recherche einzusteigen, höhö. Aber tatsächlich ist die Sache schnell erklärt.
Die Zuckerrübe entstand als Züchtung aus der Runkelrübe. Mitte des 18. Jahrhunderts interessierte sich der Berliner Chemiker Alexander Sigismund Marggraf für den Zuckergehalt der Runkelrübe. Sein Schüler Franz Carl Achard griff die Ergebnisse auf und experimentierte mit Runkelrüben, bis durch Selektion, also durch Züchtung, Rüben mit besonders hohem Zuckergehalt entstanden waren. Die Zuckerrübe war geboren! Dabei diente die ganze Arbeit mit den Zuckerrüben von Anfang an nur einer einzigen Bestimmung. Die Rüben sollten Grundlage für die Zuckerproduktion werden. Es liegt auf der Hand dass ein heimischer Rohstoff für das weiße Gold viele Vorteile versprach. Nicht mehr vom überseeischen Zuckerrohr abhängig zu sein, würde generell eine Verbesserung bedeuten. Aber auch eine Schwächung des Sklavenhandels sahen manche Befürworter des Rübenzuckers in der Entwicklung. Als schließlich Napoleon mit seiner Kontinentalsperre 1807 den Welthandel unnötig kompliziert machte, konnte man sich glücklich schätzen, wenigstens die Mittel und das Know-how für europäischen Zucker am Start zu haben.
Was heißt das also für unseren Appetit auf Rezepte?
Als Erfindung der sehr späten Neuzeit kann die Zuckerrübe nicht als alte Bekannte gelten. Während Rüben aller Art sicherlich schon immer gegessen wurden, ist diese spezielle Knolle doch als eher neu anzusehen. Sie ist sozusagen die Arbeiterin unter den Gemüsen, geht direkt vom Feld in die Fabrik. Da sie nie für den Hausgarten oder den Gemüseladen gezüchtet wurde, fand die Zuckerrübe auch nie den Weg auf den bürgerlichen Speiseteller.
Doch aus kulinarischer Sicht kann man diese Geschichte durchaus bedauern, wie ich jetzt feststellen durfte! Die Zuckerrübe ist wirklich eine Sensation. Ende vergangenen Jahres durfte ich in der Grafschafter Krautfabrik eine Zuckerrübe mitnehmen, um sie zu Hause zuzubereiten. Ich war begeistert und bin es noch immer! Da ich keine Vorstellung hatte, was mich erwartet, entschied ich mich, die Rübe so einfach wie möglich zuzubereiten. Und zwar so:
Ganz ähnlich wie in der Krautfabrik macht auch bei der heimischen Zubereitung der äußere Dreck die meiste Arbeit an so einer Rübe. Obwohl meine Rübe schon grob vorgereinigt war, musste ich sie noch käftig bearbeiten, um den ganzen Lehm, der daran klebte, loszuwerden. Die gewaschene Zuckerrübe habe ich grob geschält und Vertiefungen rausgeschnitten. Einen harten Kern konnte ich nicht feststellen, obwohl er eigentlich drin sein sollte. In möglichst großen Stücken habe ich die Rübe in Salzwasser gekocht bis sie etwa so weich ist wie gekochte Rote Bete. Dabei duftet die Küche nach Karamell und das Kochwasser färbt sich golden. Die gekochte Rübe schmeckt pur ganz ähnlich wie Rote Bete, allerdings ohne jeden erdigen Unterton und deutlich süßer. Mit anderen Worten, das Zeug ist eine Wucht! Lauwarm habe ich die Rübe in Stücke geschnitten und mit Salz, Weinessig und Olivenöl mariniert. Wie bei Rote Bete braucht man reichlich davon, denn auch die Zuckerrübe ist sehr durstig! Rote Zwiebeln machen sich als frischer Kontrast ganz gut dazu und dämpfen die Süße ein bisschen.
Vielen herzlichen Dank an Zorra von 1xUMRÜHREN BITTE aka kochtopf.me für dieses, wie immer, ausgesprochen wunderbare Event! Und ganz besonders herzlichen Dank an Eva von evchenkocht.de. Es war mir eine Freude!