Ich erzähl dir mein Essen…


Scugnizzo heißt Straßenjunge auf Neapolitanisch

Die Italiener sind bekannt dafür, an ihren traditionellen Rezepten eisern festzuhalten. Laut schimpfend und wild gestikulierend verteidigen sie, was sie von ihrer Mamma schon serviert bekamen. Das ist nicht nur ein Klischee, sondern mitunter auch todernste Realität. Manche Rezepte sind ein bisschen heiliger als andere und interssanterweise werden für ganz bestimmte sogar Stellvertreterkriege ausgefochten. Spaghetti Carbonara ruft praktisch jeden zum verbalen Kampf auf, der schon einmal einem Italiener die Hand geschüttelt hat. Ein Nudelgericht voller Tretminen, kann man sagen. 

Der heiße Ofen vom Severinswall | pastasciutta.de

Ähnlich heikel ist “die richtige” Pizza. – Neapel gilt zumindest als die Geburtsstätte des Grundkonzepts “Pizza Margherita”. Aus diesem Modell entstand die Pizza Napoletana, die sich von den anderen Pizzatypen in Italien deutlich unterscheidet. Der dicke Rand ist wichtig und, man ahnt es schon, ein schöner Streit gehört mit zum Spektakel, welcher Belag denn nun erlaubt sei und ab wann es keine “echte” neapolitanische Pizza mehr ist. Jeder, der schon einmal einen italienischen Schlager im Radio gehört hat, darf gerne mitdiskutieren. 

Pizza Rot & Böse (scharf) | pastasciutta.de

Die anderen, die lieber essen und nett plaudern, gehen nach Köln**. Dort kann man bekanntlich auch beim Essen schwaden, zum Beispiel mit Torsten Schöneich. Torstens Herz schlägt für richtig gutes Essen und tolle Aromen. Die Zutaten und einen höllisch heißen Ofen hat er aus Kampanien in die Südstadt gebracht. In seinem neuen Laden Pizzeria Scugnizzo am Severinswall, hat der kölsche Pizzaiolo ein kleines Wunder ausgetüftelt. 

Pizza Lungo Tonno mit confiertem Thunfisch | pastasciutta.de

Als ich vor zwei Jahren meine erste Pizza bei Torsten Schöneich unter anderer Adresse aß, war sie ziemlich klasse und ziemlich neapolitanisch, sehr ähnlich der Pizza, die ich aus der Altstadt von Neapel kannte. Inzwischen hat Torsten das Konzept auf ein anderes Niveau gehoben. Ich empfehle jedem, beim Anschneiden auf den Sound zu achten. Das Messer rutscht durch hauchdünne, knusprige Teigschichten mit genau der richtigen Menge Luft dazwischen. Den Belag hat der Straßenjunge* im besten Sinne modernisiert. Confierten Thunfisch muss man probiert haben, auch wenn die Reminiszenz an eine Kölner Rotlichtgröße nicht eben mein Geschmack ist. Was soll’s, Namen sind Schall und Rauch, spätestens wenn sie aus dem 500 Grad heißen Ofen kommen. Der Geschmack der Pizza ist nur ein Grund, wieder hinzugehen und mehr Pizza zu essen.

Ich entschuldige mich hiermit in aller Form für die beknackten Fotos, die dem Laden in keinster Weise gerecht werden. Ich war durch Pizza und das nette Geplauder abgelenkt. Fotos holen wir dann ein anderes Mal nach.

*Es stand schon überall geschrieben. Scugnizzo heißt im neapolitanischen Dialekt Straßenjunge.

** Genau genommen kann man die Scugnizzo-Pizza auch in Bonn essen. Dort gibt es eine Filiale.

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