Ich erzähl dir mein Essen…


Sprachliche Freiheiten


Schpargel? Oder lieber Spargel? – Der Mensch hat die Wahl. Zwei Laute in Folge lassen sich auf unterschiedliche Weise darstellen. Die Frage ist allein, ob dafür vier oder doch nur zwei Buchstaben benötigt werden. Grundsätzlich haben die Schreiber der deutschen Sprache sich vor langer Zeit dafür entschieden, den zischenden Laut, den sie zwischen den Zähnen erzeugen, durch sch darzustellen. Worte wie Schwein, Fisch oder  Buschbohne waren vermutlich bereits vorhanden und sollten zu Papier gebracht werden. Als Instrumentarium stand nur das lateinische Alphabet zur Verfügung. Die Zeiten waren sicher schlecht und man konnte sich keine eigenen Buchstaben leisten. Abgesehen von ä, ö, ü und ß, die wahrscheinlich sehr teuer waren.

In den Anfangszeiten der Schriftsprache war das Klugscheißertum noch nicht sehr ausgeprägt. Daher kamen Rechthabefreaks auch erst wesentlich später auf die Idee, eine einheitliche Rechtschreibung einzuführen. Alle Schulkinder sollten die deutsche Sprache auf die selbe Weise schreiben. Vor und nach der Schule, sowie in der großen Pause, darf bis heute jeder schreiben wie er will.

Wenn also jemand Schpargel statt Spargel schreiben möchte, dann darf er das ruhig tun. Was die komplizierten Regeln unserer Sprache so verwirrend macht, das sind in der Tat die zahlreichen Ausnahmen. Für Schnittchen, Schinken und Schnaps müssen wir uns nur beim sch bedienen. Wenn aber hinter dem zischenden Laut am Anfang ein p folgt, dann vereinfachen wir das Schriftbild, indem wir zwei Laute durch zwei (statt vier) Buchstaben darstellen. Daher hat sich bei den Rechtschreibefanatikern wie auch bei den meisten anderen Schreibern der deutschen Sprache durchgesetzt, Spargel statt Schpargel zu schreiben.

Erlaubt ist aber trotzdem beides. Wenn man von der Schule und ein paar anderen Gelegenheiten mal absieht, darf jeder schreiben wie er möchte. Im Internet schreibt sowieso jeder wie er will und, bei aller Ehrfurcht vor der Rechtschreibung, hat dies auch gewisse Vorteile. Wahrscheinlich müssten viele Dinge ungesagt, unveröffentlicht und unbekannt bleiben, wenn immer alles vorher durch die Rechtschreibprüfung ginge. Oder schlimmer noch, wenn nur diejenigen etwas schreiben dürften, die alle Regeln der deutschen Sprache fehlerfrei beherrschen.

Vor einiger Zeit habe ich mir den Blödsinn erlaubt, Schpargel mit Schpecksahne zu bloggen und diese Schreibweise hin und wieder aufgenommen. Seit der neuen Spargelsaison landen nun immer wieder Leser via Google auf meinem Blog, die danach suchen. Durchschnittlich alle 90 Minuten begehrt einer im deutschsprachigen Netz ein Rezept mit Schpargel.

Weil wir nun sprachlich so schön frei sind, erlaube ich mir auch noch ein Tofugericht mit Fleischnamen:

Spargelsalat auf Tofu-Carpaccio

Für den Salat:

rohen Spargel, weiß und grün,

sowie Frühlingszwiebeln schräg in dünne Scheiben geschnitten

Ingwer und Knoblauch, fein gerieben

Sojasauce

neutrales Öl

Reisessig oder Limettensaft

Koriandergrün

Alles mit einander  vermischen und auf einem Bett aus dünn geschnittenem Tofu anrichten.

Dazu passt eine Schale Sushireis und als Deko ein paar Radieschenstifte.

Der Salat schmeckt so gut wie seine Zutaten. Es versteht sich von selbst, dass ich nur knackfrischen Spargel, direkt vom Feld, dafür verwende.


7 Antworten zu “Sprachliche Freiheiten”

  1. Ein herrlicher Bericht! Mir zwängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass seit den diversen Rechtschreibreformen mehr Verwirrung als Klarheit entstanden ist. Und das Volk hat sich dafür entschieden zu schreiben wie es will!

    Zum Glück, sonst müsste ich sofort mit dem Bloggen und Kommentieren aufhören…. 😀

  2. Ja und denn gibt es noch Uns Zweifeler denen Deutsch fremde Sprache ist.Keine Sorge Salat habe Ich verstanden und werde es bestimmt auch machen.

  3. @anie's delight: Danke! Tatsächlich darf jeder schreiben wie er will. Und irgendwie ist das auch gut so.

    @Dzoli: Gerade habe ich in Deinen Blog gesehen. Du bist ein Sprachentalent, oder? Den Salat solltest Du auf alle Fälle machen, denn der ist sensationell lecker!

  4. der reinste Genuss! und damit meine zuallerst ich das Lesen des Textes. Er schmeckt wie ein Appetizer – das Rezept mit Photo ist in gewisser Weise das Sahnehäubchen.

  5. you made my day! :)))

    Und auch wenn ich der fundamentalistischen Meinung bin, es sollte eben NICHT jeder im Intnernet schreiben (also er solls schon dürfen, er solls bloß nicht machen!) *gg
    – das mit dem Tofu-Carpaccio wirst Du noch bereuen! Die Veganer rotten sich bereits zusammen!
    Und damit´s hier besonders lustig wird, sage ich mal ganz laut:
    CARPATSCHIO! :)))

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner