Ich erzähl dir mein Essen…


Göttliches Gesöff


Blog-Event LXVI  - Eine kulinarische Reise durch das Rheinland (Einsendeschluss 15.04.2011)
/http://www.kochtopf.me/stories/blog-event-lxvi-kulinarische-reise-durch-das-rheinland-zusammenfassung/

Getränkeempfehlung zum Blog Event 

Und der liebe Gott erschuf den Rheinländer. Einen kleinen dicken Mann mit Schnäuzer, der zum Schutz seines empfindlichen Nackens prächtiges Haupthaar erhielt, das er hinten lang wachsen lassen konnte.

Damit der Rheinländer nicht so alleine sei, erschuf der Herr ein weibliches Wesen von hübschem Antlitz, das den ganzen Tag in der schönsten aller Sprachen lustig am schwaden war und nur sehr selten Luft holen musste. Gott sah die beiden an und er sah, dass sie gut waren.

Hier geht’s lustig zu

Er gab dem kleinen dicken Mann ein Pittermännchen und dem Mädche einen Kranz mit Gläsern. “Passt gut darauf auf”, sprach der Herr. “Die Gläser heißen Stangen und sie gehen unheimlich schnell kaputt.” Die beiden versprachen, dass sie die Stangen immer brav von unten anstoßen wollten, wie sich das gehört, und machten sich auf den Weg, um andere Rheinländer zu treffen, zu feiern und zu trinken. Als sie mit der Linie 1 in die Stadt fuhren, stiegen sie am Heumarkt aus und verschwanden in die Altstadt.

So kam es, dass die Rheinländer sich lustig unters Volk mischten, feierten und sich amüsierten. Über das ganze Feiern und das Biertrinken vergaßen sie glatt das gute Essen. Ab und zu nahmen sie ein Frikadellchen zu sich, ein Käsehäppchen oder eine Blutwurst. Und weil sie dabei immer bekloppter wurden, fingen sie an, lustige Namen für ihr Essen zu erfinden.

Die Sache mit dem Essen

Das ist der Grund, warum es im Rheinland zwar Halve Hahn und Kölsche Kaviar gibt, warum wir die Blutwurst Flönz nennen und das Eisbein Hämmche. Wenn man es mit einem Kölsch runterspülen kann, dann denken wir uns einen Namen dafür aus und danach kloppen wir uns noch ein Kölsch in den Kopf. Ums gute Essen scheren wir uns kaum.

Dafür haben wir aber das Bier, das uns der liebe Gott damals mit auf den Weg gegeben hat. Das Kölsch ist die Ursuppe der kölner Braukunst, auch wenn es nicht immer so hieß. Seit am Rhein alles begann, brauten die Kölner ihr Bier, anfangs noch in jedem Haushalt. Später wurde das Bier zur Sache der Braumeister. Sie siedelten sich nahe der tiefen Brunnen an, die wirklich reines Wasser zum Brauen hervorbrachten. Erst als die Preußen nach Köln kamen, war schließlich vom Kölsch die Rede. Das Bier der Kölschen war das Bier der kleinen Hausbrauereien und unterschied sich durch die Verwendung der obergärigen Hefe vom Bier der industriellen Produktion. Dank ihrer Kühlanlagen und Reinzuchthefen brachten die Großbrauereien nämlich ganz andere Biersorten hervor, die meist untergärig waren.

Ein Bier setzt sich durch

Lange Zeit haben die Kölner ihr Kölsch mit wenig Achtung getrunken und dabei auch keine außerordentlichen Mengen vernichtet. Untergärige Biersorten wie Pils oder Export beherrschten den Markt, bis weit nach dem zweiten Weltkrieg. Kaum zu glauben, aber erst in den achtziger Jahren kippte dieses Verhältnis zugunsten der Kölschbrauereien. Kölsch war auf einmal eine Marke, die mit Jeföhl verbunden war. Die einzige Sprache, die man auch trinken kann. Heute ist das kölsche Lebensgefühl ohne Obergäriges aus der Stange nicht mehr vorstellbar.

Wenigen Brauereien außerhalb der Stadt ist es erlaubt, Kölsch herzustellen. In meiner Heimatstadt Frechen braute die Familie Metzmacher bis in die Neunziger Jahre Rats Kölsch. Obwohl die Marke durch den Verkauf erhalten wurde, ist die Brauerei leider verschwunden.

Der besondere Stoff

Eine kleine Privatbrauerei im Ortsteil Hücheln konnte sich jedoch behaupten. Wahrscheinlich war dafür weder das vorzügliche Stecken Kölsch noch das ploppende Bartmann Kölsch verantwortlich, sondern das einzigartige Urstoff. Das unfiltrierte Obergärige zählt zu den letzten Geheimtipps, die man zum Thema Kölsch abgeben kann, auch wenn es sich (aufgrund der Trübung) nicht um Kölsch (sondern um Wieß) handelt. Dennoch reiche ich diese Getränkeempfehlung unter Kennern gerne weiter. Beim Blogevent “Kulinarische Reise durch das Rheinland” handelt es sich quasi um meinen Beitrag 1b.


8 Antworten zu “Göttliches Gesöff”

  1. ich han doosch! Selbst als Niederrheiner, der ja eigentlich anderen obergärigen Spezialitäten frönt…

  2. *Pruuust*! So muss das gewesen sein. Meine Lieblingsstelle ist die mit dem Nackenschutz. ABER! Da fehlt noch ein wesentlicher Part. Ich ergänze mal:
    Und nach dem der liebe Gott sah, dass Bier grundsätzlich eine feine Sache ist und noch viel Potenzial in seiner Entwicklung zum Grundnahrungsmittel steckt, wandte er sich an seinen Musterschüler den Bayern…

    Der Rest ist ja bekannt :o)

  3. So eine unterhaltsame rheinländische Kulturunterweisung! Wie immer so schön zu lesen.
    Bei Gelegenheit würde ich dann gerne meine rheinische Bildung durch das Kosten der Biersuppe vervollständigen……

  4. 🙂 Suuuper geschrieben!!!

    Ich finge och, dovür, dat ich he in Kölle jeden Daach wie ene Jeck op der Tastatur erömhämmere muss um de Monete för minge Brüdche ze verdeene, künnt mir och ad ens eener e lecker Kölsch eröver brenge! Äver et kütt kinner… 🙂

  5. Häste joot jemat!
    Im Urstoff bin ich morgen mal wieder mit meiner Freundin; auch ein ganz lecker Tröpfchen.
    Mein persönlicher Favorit ist das Kölsch aus der Schreckenskammer.
    Prost,
    Claudi

  6. ich bin die einzige Kölnerin, die Kölsch nicht trinkt! Damit kann man mich jagen, mit anderen Biersorten allerdings auch.

    Aber zu Schulzeiten (Oberstufe of course) gab's immer bei uns geile Parties im Haus & Garten mit Fässern von Päffgen, Pittermännche hätten da nicht gereicht.

  7. @utecht: Kölsch ist irgendwie appetitlich, oder? Ich trinke es, obwohl ich es nicht vertrage, weil ich immer so eine Lust darauf kriege, wenn es frisch gezapft angeboten wird.

    @Toni: Genau so und nicht anders war das. Ich kann ja hier keine Märchen erfinden.

    @Karin: Ich notier dann ma: Noch ein Urstoff für Karin. Kommt sofort.

    @Frau V: Danke! Aber tagsüber ist das mit dem Kölsch sowieso keine gute Idee. Sei froh, wenn Dich keiner zum Trinken nötigt.

    @Claudi: Dann wünsche ich Dir viel Spaß im Urstoff!

    @Bolliskitchen: Du kannst sicher sein, da gibt es noch mehr Leute, die kein Bier mögen.

    Möglicherweise gibt es auch noch mehr Leute, die schonmal ein größeres Fass gekauft haben. Das weiß man nicht so genau.

  8. In Frechen können die Bier? Das muss ich bei Zeiten antesten. Aus Lindenthal ist man ja quasi Ruckzuck in Hücheln. In jedem Fall vielen Dank für deine Teilnahme am BLogevent.

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