In dieser besinnlichen Zeit möchte ich an einen Gegenstand erinnern, der sonst ein Dasein im Schatten fristet. Wer (abgesehen vom unvergessenen Ulrich Roski) weiß einen guten Eimer schon zu schätzen? In kulinarischer Hinsicht erfährt der Plastikbehälter erst recht kaum Anerkennung. Was kommt schon in einen Eimer? Billige Industrie-Mayonnaise, Kartoffelsalat, Sangria…
Für meine ganz persönliche Fressgeschichte spielt der Eimer jedoch eine, sagen wir, ständige Nebenrolle. Als kleines Kind verbrachte ich Sommer- wie Winterurlaub mit meinen Eltern (und manchmal auch Großeltern und Freunden meiner Eltern oder meiner Großeltern) in Belgien, an der Kanalküste. Nach gut drei Stunden Fahrt über beleuchtete Autobahnen erreichten wir einen traumhaften Strand, der auf brutalste Weise mit Hochhäusern zugebaut war. Wenn man sich in diesen Hochhäusern, möglichst in den oberen Stockwerken, oder direkt am Strand, aufhielt, war es wirklich ein Traum.
Die wichtigste und erste Handlung in jedem Urlaub bestand im Erwerb eines kleinen gelben Eimers, der für die nächsten Tage als Strandspielzeug herhalten sollte. Das Eimerchen hatte einen roten Henkel und es enthielt eine ziemlich zähe Pampe aus Schokolade, der man nur mit körperlicher Gewalt beikommen konnte. Es handelte sich um einen Brotaufstrich namens Kwatta, den wir beharrlich auf das fusselige belgische Brot zu schmieren versuchten. Das Zeug war fast schwarz und hatte damals eine ähnliche Konsistenz wie Kaugummi. Ich kann mir nicht erklären, wie wir diese Eimer so schnell leer bekommen haben, aber ich hatte immer reichlich Kwatta-Eimer, um damit am Strand zu spielen. Wenn die Krabbenfischer mit ihren Pferden die Netze durchs Wasser zogen, ging ich mit meinem kleinen Kwatta-Eimer hin, und holte mir frisch gefangene Krabben, die wir in der Ferienwohnung kochten. Nach so vielen Jahren immer noch eine tolle Erinnerung!
Doch irgendwann war Schluss mit den Ferien am Kanal, mit den Krabben und den Eimern. Die Spielverderber von der Firma Kwatta haben ihren Schokoaufstrich gepimpt und frisiert. Heute ist das Zeug streichfähig und wird auch noch in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten. Und natürlich ist das gute Kwatta jetzt viel zu vornehm für den Plastikeimer.
Doch wer braucht schon Schokolade? Mittlerweile begleiten mich ständig kleine grüne Eimer durch mein Leben. Wieviele davon in meiner Wohnung rumfliegen, weiß ich gar nicht. Gelegentlich begleiten sie mich sogar in den Urlaub, zum Beispiel zum Krabbenfischen an der Nordsee, wie ganz oben, im ersten Bild, zu sehen.
Schuld daran sind mal wieder meine Eltern, die mir zum Glück immer wieder Sauerkraut aus dem Elsass mitbringen. Damit habe ich für längere Zeit einen schönen Vorrat im Kühlschrank, brauche nicht einzukaufen und esse tagelang nur Sauerkraut…
Sauerkraut mit weißen Bohnen, Schweinerippchen und Kartoffelpüree.
Sauerkraut mit weißen Bohnen, Schweinebraten und Raclettekartoffeln.
8 Antworten zu “Meine Eimer und ich”
Ist das süß – eine Biographie im Eimer!
Dabei fällt mir auf, dass Eimer in meinem Leben wirklich keine Rolle gespielt haben. Habe als Kind nichtmal ein Eimersche und Schäufelsche besessen. Traurig, eigentlich.
Das gefällt mir! Eimer haben was, ja. 🙂
Und elsässisches Sauerkraut sowieso.
Niedlicher Blogpost und jetzt habe ich Appetit auf Sauerkraut.
Bitte eimerweise Sauerkraut 🙂
Schöner Post, Nata!
Diese Plastik-Utensilien werden das einzige sein, was einstmals von unserer Zivilisation übrigbleibt. Und wenn der Archäologe kommender Generationen an einem Eimer mit Sauerkraut die Aufschrift "Kwatta" findet, wid er auch wissen, wie bei uns das Sauerkraut hiess.
Sauerkraut, Schweinereippchen, Püree,kleine Eimer… ich bin mal wieder voll bei Dir.
Aaaaber am allermeisten hat mich gefreut, dass Du dem von mir schon seit Jahrzehnten (man merkt deutlich, dass man älter wird, wenn man sowas sagen kann!) verehrten Ulrich Roskie hier erwähnst.
Ich hatte das unendliche Vergnügen ihn noch einmal ein Jahr vor seinem Tod live zu erleben, vor maximal 20 Personen hat er da gespielt, mit einer Stimme, die – wie er selbst sagte – klang, als würde eine Katze auf ein Blechdach pinklen. Da hatte ihn der Krebs schon voll in seinen Fängen. Seine Platten höre ich immer noch und viele Texte kann ich noch auswendig vor mich hinsummen.
@AT: Ach, der gute Ulrich Roski. Das ist so eine traurige Geschichte. Ich bekam eine Kassette (!) von meinem Vater geschenkt, als ich noch zur Schule ging. Die kann ich auch noch auswendig. Und da war auch das Lied vom Eimer drauf.
"Ich geh bisweilen im Walde so für mich hin, nach schmackhaften Piiilzen steht mir der Sinn…" ach ja, süßer Vogel Jugend.
Anfangs deiner Posts frage ich mich immer, wie du diesmal wieder die Kurve kriegen wirst nd worauf das alles mal wieder hinausläuft. Spannend.